Die amerikanischen Pläne für die Außenpolitik des 21. Jahrhunderts – die nächsten Schritte im “Krieg der Kulturen”?
Posted by Terry Boardman on Jun 21, 2012 in auf deutsch | 0 commentsVortrag von Terry Boardman, 5.3.2011 (Freie anthroposophische Vereinigung, Pforzheim, Deutschland)
Am 30. Juli 1918 sagte Rudolf Steiner in einem Vortrag In Berlin,: „ Die Gegenwart mit ihren verschiedensten Strömungen, geistigen, materiellen Strömungen zu verstehen, ist ja außerordentlich schwierig, und man sollte gar nicht glauben, daß man sie verstehen könnte, diese verworrene Gegenwart, ohne den Willen, dasjenige zu erkennen, was sich für diese Gegenwart im Grunde genommen lange, lange im Schöße der Geschichte vorbereitet hat.“
Im selben Vortrag führt Steiner weiter aus, wie in dieser Zeit Europa von zwei Kräften bedroht sei. Die eine urstände im Grunde genommen im Süden und Osten, im Mittelmeergebiet, in Rom und später in Byzanz, in der vierten nachatlantischen Kulturepoche, in der die Kirche, die ihr Zentrum in diesen beiden großen Metropolen hatte, bestrebt war, die Völker Europas davon abzuhalten, zu einem eigenen Verständnis des Mysteriums von Golgatha zu gelangen. Es war das Ziel der kirchlichen Autoritäten sowohl im Osten wie im Westen, jede auf ihre eigene Art die Aufmerksamkeit der Menschen auf die Angelegenheiten DIESER Welt zu lenken, und ihre Aufmerksamkeit von der geistigen Welt abzulenken, mit dem Erfolg, daß die Bevölkerung sich von der geistigen Welt abwandte. Die zweite Bedrohung, die er nennt, kommt aus der fünften Epoche, der Bewusstseinsseele, in der die Antipathie in den Vordergrund tritt. Die Abneigung gegen den Geist der vierten Epoche verwandelt sich nun in der 5. Epoche in regelrechte Antipathie, Haß und Furcht dem Geist gegenüber, während ein radikaler Materialismus sich der Kultur bemächtigt. Er beschreibt diesen Haß und diese Furcht dem Geist gegenüber als eine neue Entwicklung. Dieser Haß und diese Furcht gipfeln schließlich im von ihm so genannten ‚Amerikanismus’, womit nicht die individuellen Amerikaner, sondern der Geist, der die Hauptrichtung der amerikanischen Kultur beseelt, gemeint ist. Er umfasst zum großen Teil – jedoch nicht ausschließlich – das, was die Amerikaner so gerne den ‚American Dream’ (den amerikanischen Traum) nennen. Er sagt:
. . . in alledem (2), was man Amerikanismus nennt, denn das tendiert immer mehr und mehr dahin, die Furcht vor dem Geiste auszubilden, die Welt nur zu einer Gelegenheit zu machen, in ihr physisch leben zu können. Es ist doch etwas ganz anderes, wenn das Britentum die Welt zu einer Art Handelshaus machen will. Der Amerikanismus will sie eigentlich zu einer möglichst mit Komfort ausgestatteten physischen Wohnung machen, in der man bequem und reich leben kann. Und in der Welt bequem und reich leben zu können, das ist das politische Element des Amerikanismus. . . . Unter dem Einfluß dieser Strömung muß aber der Zusammenhang des Menschen mit der geistigen Welt ersterben. In diesen amerikanischen Kräften liegt das, was wesentlich die Erde zum Ende führen muß, liegt das Zerstörerische, was zuletzt die Erde zum Tode bringen muß, weil der Geist davon abgehalten werden soll.
Zu diesem Bild müssen wir gewisse Elemente hinzufügen, die zu Steiners Lebzeiten noch nicht in beträchtlichem Umfang vorhanden waren, wie die große asiatischen Immigrantengemeinschaften und die Anziehungskraft – für viele Amerikaner, besonders in den westlichen Staaten – des Buddhismus, und anderer vorchristlicher Strömungen sowie religiöser Traditionen der eingeborenen Indianer, die seit den 1960ern populär geworden sind. Hinzu kommen noch die von Elijah Muhammed und Malcolm X in den 1950ern begründete ‘Black Nation of Islam’-Bewegung and die vielen charismatischen Sektenkirchen, die seit den 1970ern einen Aufschwung genommen haben. So ist die Situation also viel komplexer als in den 1920ern.
Trotzdem bleibt Steiners grundsätzliche Charakterisierung der Hauptströmung der amerikanischen Kultur nach wie vor gültig. Wir sind alle Zeugen der Macht des amerikanischen Konsumdenkens und Materialismus, wie er sich in den letzten 60 Jahren über die ganze Welt ausgebreitet hat, und der daraus hervorgehenden Trivialisierung so vieler Lebensaspekte, sowie seit 1945 der zerstörerischen Macht des amerikanischen Militärs, das das Leben so vieler Menschen verdorben oder vernichtet hat und weiterhin verdirbt und vernichtet. Seit dem 11. September 2001 (9/11) konnten wir auch beobachten, wie bei den Amerikanern mit den wachsenden Sorgen um ihre Sicherheit auch ihr Bedürfnis nach immer mehr Waffen und Kontrollsystemen zu wachsen scheint. Auf dem west-östlichen Kongress 1922 in Wien sprach Steiner im positiven Sinn über die Fähigkeit der Amerikaner, Initiative zu ergreifen und aus dem Willen heraus zu handeln, was wir heutzutage auf englisch den ‚can-do’-Geist nennen würden – im Vergleich zu Europäern und Asiaten. Wie immer hat er auch hier kein einseitiges Bild gezeichnet und eine bestimmte Menschengruppe nicht im absoluten Sinn verurteilt. Trotzdem ist das was er mit den schädlichen Elementen des amerikanischen Konsumdenkens und Materialismus, die in der Furcht und Antipathie dem Geist gegenüber urständen, meint, nur allzu verständlich, selbst für viele Amerikaner, die ihm oft sehr misstrauisch, ja selbst kritisch gegenüberstehen.
Was hinter dieser Furcht und Antipathie dem Geist gegenüber steht, ist natürlich die wachsende Macht Ahrimans im Zeitalter der Bewusstseinsseele sowie, besonders vom 20. Jahrhundert an, die Macht der Asuras, die noch radikalere ahrimanische Geister darstellen. Die Bewusstseinsseele richtet sich besoners auf den mineralischen Aspekt der physischen Welt.
(3)Als jemand, der in der sogenannten ‚Black Country’ – Gegend Englands wohnt, wo die industrielle Revolution ihren Anfang genommen hat, bin ich mir dieser Tatsache besonders bewusst. Die mineralische Welt ist das Gebiet der Fragmentierung. Während sie als der solideste und kohäsivste Teil der physischen Welt erscheint, ist sie tatsächlich in einem ständigen Zerfallsprozess begriffen. Wenn man sich allzu stark an etwas orientiert, das in einem ständigen Zerfallsprozess begriffen ist, ist man von Zerfalls- und Verwesungskräften bedroht, und das sind ahrimanische Kräfte. Das sind die geistigen Kräfte, die in unserer Epoche bestrebt sind, die Oberhand zu gewinnen, nicht zuletzt in dem Bewusstsein, daß ihr Meister, Ahriman selbst, bald in physischer Form auf der Erde erscheinen wird, indem er sich in dieser Epoche in einem Menschen verkörpert, wie wir von Rudolf Steiner wissen. So wie die Christuswesenheit sich vor 2000 Jahren in Jesus von Nazareth inkarniert hat, und die Wesenheit, die wir Luzifer nennen, und die der Widersacher sowohl Ahrimans als auch Christi ist, vor ungefähr 5000 Jahren in einem Menschen erschienen ist, der in einem Mysterienzentrum in China aufgewachsen ist, so wird bald nach Anfang des dritten Jahrtausends Ahriman im Westen in Menschenform erscheinen. Bei meinem letzten Aufenthalt hier habe ich darüber gesprochen und meine Gründe für die Annahme genannt, das dies nicht nur in Amerika stattfinden würde, sondern daß das Gebilde, das wir die Vereinigten Staaten nennen, hauptsächlich zu dem Zweck erschienen ist, eine irdische Bühne oder ein Umfeld zur Unterstützung dieser Inkarnation zu liefern, genau wie Israel und die Geschichte des jüdischen Volkes bis vor 2000 Jahren solch ein Umfeld für die Inkarnation Christi bildete. Ich betone, daß die Vermutung über die Vereinigten Staaten meine eigene Ansicht darstellt; Rudolf Steiner hat über die Bemerkung hinaus, daß die Inkarnation ‚im Westen’ stattfinden würde, nichts Näheres angegeben, obwohl aus dem Kontext seiner Bemerkungen in Vorträgen In Dornach im November 1917 (18., 19., 25.) zu schließen ist, daß der wahrscheinlichste Ort der Inkarnation tatsächlich die USA sein werden.
Wenn wir also in dieser Weise die enorme globale Ausdehnung des amerikanischen Kapitalismus und des amerikanischen Militärs, einschließlich des Weltraumes, der Weltmeere und nun natürlich auch den Cyberspace in all den geschäftigen Vorbereitungen für die sogenannte ‚Neue Weltordnung’, (4) die George Bush Senior in einer Ansprache vor dem amerikanischen Kongress am 9.11.1990 öffentlich ankündigte – in all den Vorbereitungen für die Neue Weltordnung, die in den letzten 60 Jahren aus Amerika hervorgegangen sind, erkennen wir, wie ich vermute, Ahrimans Bemühungen, von der irdischen Zitadelle aus, die er sich bereitet hat, die Welt auf seine kurz bevorstehende Ankunft vorzubereiten. Natürlich ist Ahriman kein Nationalist; er ist wie Michael kosmopolitisch. Jedoch benötigt er eine irdische Basis, von wo aus er seine global ausgerichteten Aktivitäten lancieren kann. Meiner Ansicht nach lieferte etwa 700 Jahre lang, zwischen 1066 und 1776, mein eigenes Heimatland England diese Basis, den Schmelztiegel, aus dem die USA hervorgegegangen sind. Als die USA sich dann von England trennten, wurde diese Basis nach Amerika verlegt.
In den Vorträgen im Oktober und November 1919 (27.10 & 1/2/4/9/15.11), in denen Steiner zum ersten mal über die Inkarnation Ahrimans sprach, kontrastierte er sie mit der Inkarnation Luzifers um das Jahr 3000 v.Chr. in China, und machte die erstaunliche Bemerkung, daß der Einfluß und die Auswirkungen dieser luziferischen Inkarnation weit hinüber bis nach Griechenland reichten.
(5) “Alles, was die Menschen denken, dichten, wollen konnten in der damaligen Zeit, war in einer gewissen Weise durch diesen luziferischen Einschlag in die Menschheitskultur bedingt .(27.10.1919 GA 193) Und von dieser fleischlichen Inkarnation Luzifers – denn diese Persönlichkeit lehrte dann – ging dasjenige aus, was man eigentlich als die vorchristliche, heidnische Kultur bezeichnet, was noch in der Gnosis der ersten christlichen Jahrhunderte lebte. Man darf durchaus nicht etwa bloß ein abfälliges Urteil über diese Luziferkultur sprechen. Denn dasjenige, was das Griechentum an Schönheit, selbst an philosophischer Einsicht hervorgebracht hat, was lebt ebenso in der alten griechischen Philosophie, in den Tragödien noch des Äschylos, all das wäre nicht möglich gewesen ohne diese luziferische Inkarnation. (4.11.1919 GA 193).
Wir müssen dies alles im Auge behalten, wenn wir die gegenwärtige amerikanische Außenpolitik gegenüber China und der semitischen Welt (d.h. gegenüber Israel und den Arabern, und der islamischen Welt im allgemeinen) betrachten. Ich möchte behaupten, daß wir hierin etwas sehen, das direkt mit den drei großen Inkarnationen der erhabenen geistigen Wesenheiten zusammenhängt, die Steiners Beschreibung entsprechend effektiv während der gesamten nachatlantischen Epoche die ganze Geschichte der Menschheit umrahmen, obwohl die drei Inkarnationen innerhalb einer relativ kurzen geschichtlichen Zeitspanne von 5000 Jahren stattfinden: In China sozusagen die luziferische Hochburg, die Geburtsstätte Luzifers vor 5000 Jahren; in Amerika die ahrimanische Hochburg, den fast bestimmten Geburtsort oder das Wirkungsfeld des kommenden Trägers der unmittelbar bevorstehenden Inkarnation Ahrimans, und in Israel den Geburtsort des Jesus von Nazareth und das irdische Wirkungsfeld des Christus vor 2000 Jahren.
Drei Inkarnationen erhabener Wesenheiten. Drei nationale Staaten mit sehr verschiedenen Eigenschaften. Einer von ihnen reicht bis in die dritte nachatlantische Epoche und noch weiter zurück, und trotz der vielen Minderheiten, die innerhalb seiner Grenzen leben, wird es im Grunde von einer einzigen Bevölkerungsgruppe, den Han-Chinesen, beherrscht, die seit der Zeit der luziferischen Inkarnation in dieser Region gelebt haben, und die fast während dieser ganzen Zeit eine einzige politische Einheit gebildet haben. Der zweite Staat, die USA, ist ein sehr neuer Staat, der sich in unserer 5. Epoche gebildet hat, und ist ein Immigrantenstaat. Er ist aus 50 Staaten zusammengesetzt, von denen etwa die Hälfte vollkommen abstrakte und willkürliche Grenzen haben. Einige amerikanische Staaten sind entweder perfekte oder fast perfekte Rechtecke. Der dritte Staat, Israel, ist auch ein Immigrantenstaat, aber er ist der einzige Staat der Welt, in dem es der Mehrheit seiner Einwohner – von einer fremden Macht – gestattett wurde, das Land, das sie vor 2000 Jahren verloren hatten, mit Erfolg zurückzufordern. Als Staat, der sowohl eine lange historische Vergangenheit hat und gleichzeitig der modernste der drei Staaten ist, ist es eine geschichtliche Anomalie.
Bevor wir uns nun der spezifischen Frage der amerikanischen Außenpolitik zuwenden, müssen wir noch einen wichtigen Hintergrundfaktor in Erwägung ziehen. (6)Vor fast genau 100 Jahren, am 13.3.1911, hielt Rudolf Steiner in Berlin den 9. Vortrag in dem Zyklus Exkurse in das Gebiet des Markus-Evangeliums (GA 124). Der Titel dieses Vortrags lautet: Die Mondenreligion Jahves und ihre Widerspiegelung im Arabismus – Das Einmünden der Buddha-Merkur-Strömung in das Rosenkreuzertum. Ich möchte mich auf ein Element dieses Vortrags konzentrieren, das meiner Ansicht nach für ein Verständnis meines heutigen Themas und für die Geschichte der 5. Epoche ausschlaggebend ist.
In diesem Vortrag beschreibt Steiner wie das Christentum, das er eine Sonnenströmung nennt, mit den Nebenströmungen des Mondes und des Merkur, d.h. dem Islam und dem Buddhismus, in Beziehung kommt. Er macht jedoch deutlich, daß er unter Islam eigentlich die gesamte Kultur der islamischen Welt verstand, seien sie nun semitisch, wie die Araber, oder nicht-semitisch, wie die Iranier oder Türken. Für das alles verwendet er normalerweise den Kollektivbegriff ‘Arabismus’. Er sagt:
Es ist wie ein Zusammenschluß, wenn man wissenschaftlich sprechen wollte, wie eine Synthese alles dessen, was die ägyptisch-chaldäischen Priesterweisen gelehrt haben, was in Chaldäa gelehrt worden ist, mit dem, was die althebräische Jahve-Religion lehrte, was uns da im Arabertum entgegentritt..
Bitte beachten Sie, daß er hier die Lehren der althebräischen Jahve-Religion im von ihm so genannten ‚Arabertum’ mit einbegreift. So können wir die Religion des Islam als das Gefäß ansehen, durch welches eine ganze Reihe kultureller Einflüsse schließlich vom Nahen Osten in verschiedene Richtungen, nach Osten und Westen, Norden und Süden, weitergeleitet werden konnten, von Spanien bis Indonesien, von Bosnien bis Nigerien. Er beschreibt, wie die Sonnen-Religion des Christentums sich während einer Zeitspanne von ungefähr 600 Jahren innerhalb des Gebietes des Römischen Reiches entwickelt und dann der neuen Mondenreligion des Islam begegnet, dem sogenannten Arabismus, während einer anfänglichen Epoche kulturellen Konflikts von weiteren 600 Jahren, von ungefähr 600 bis 1200. Historisch gesehen, umfaßt sie die Zeit zwischen der Geburt Mohammeds , der wahrscheinlich im Jahre 600 30 Jahre alt war, bis zum Ende des 2. Kreuzzugs. Steiner lenkt unsere Aufmerksamkeit auf diese Periodizität von 6 Jahrhunderten, sagt jedoch: Aus Gründen, die heute nicht auseinandergesetzt werden sollen, müssen wir uns ungefähr sechs bis sechseinhalb Jahrhunderte lange Epochen denken gerade für solche Impulse, wie sie jetzt angeführt worden sind.
Dann weist er darauf hin, wie nach dieser Kulturbegegnung, diesem Zusammenfließen von Christentum und Islam von ungefähr 1200 an für ungefähr weitere 600 Jahre, das bis zum Tode Goethes im Jahre 1832 andauert, eine Renaissance der griechischen Kultur in Europa stattfand. Die Auswirkungen davon sind in der Geschichte der westlichen Zivilisation nicht schwer zu erkennen. Den Impuls Steiners hier aufgreifend, können wir sagen, daß die ursprüngliche Zeit der Begegnung zwischen der christlichen und der islamischen Welt, der Sonnen- und der Mondenkultur, um das Jahr 1200 zu Ende ging, daß dann eine weitere Epoche von 600 Jahren begann, in der die Auswirkungen der Begegnung der beiden Kulturen – die um 600 begann – diese Auswirkungen dann weiter ausgearbeitet und entwickelt wurden. Diese Auswirkungen waren vielfältiger Art und umfassten Entwicklungen, wie die gotische Architektur, Arabesken in der Musik, und besondere Stile auf dem Gebiet von Mode und Ernährung, sowie die großen Erfindungen, die die Araber von China auf Europa übertrugen, und zwar das Papier, das Schießpulver und die Buchdruckerkunst. Die bedeutendste dieser Auswirkungen war jedoch, Steiner zufolge, die Naturwissenschaft selber; wörtlich sagt er:
Nur aus dem Zusammenfluß der Christus-Religion und der Mahomet-Religion konnte in der Zeit, in welcher wir einen wichtigen Einschnitt zu verzeichnen haben, das entstehen, was eigentlich unsere neuzeitliche Kultur ist.
Die Naturwissenschaft ist also das wichtigste Resultat des kulturellen Zusammenpralls von Christentum und Islam, von Sonne und Mond. (7) Zusammenfassend können wir sagen, daß wir eine anfängliche Epoche von 600 Jahren haben, in der das Christentum sich alleine im Westen entwickelt, dann eine zweite Epoche von 600 Jahren, in der es dem Islam begegnet und mit ihm zusammmenfließt und von der Welt des ‚Arabismus’ lernt. Dann folgt eine dritte Periode von 600 Jahren, in der eine parallele Entwicklung stattfindet: die von Steiner erwähnte Renaissance der griechischen Kultur zusammen mit der weiteren Ausarbeitung der Resultate der Begegnung mit dem Arabismus, vor allem der Naturwissenschaft. Zu diesen Resultaten müssen wir jedoch auch alles was aus dem alten Ägypten und aus der jüdischen Welt in dieser Zeit zwischen 1200 bis 1800 stammt, rechnen, angefangen mit den Hieroglyphen, der Pyramidologie und Freimaurerei bis hin zur Kabbala und den Verfahren der Finanz, um nur einige zu nennen.
1 – 600 Entwicklung des Christentums (Sonne)
600 – 1200 Begegnung des Christentums mit dem Islam/Arabismus (Sonne + Mond)
1200 – 1800 Griechische Renaissance und Ausarbeitung der Begegnung zwischen Sonne und Mond
Genau wie J.S. Bach in seiner Kunst sozusagen alle Strömungen in der Musik, die sich in Europa seit der Zeit der Kreuzzüge entwickelt hatten, zusammenfasste und zu einer Art Höhepunkt brachte, nach welchem mit Mozart, Beethoven, Schubert und dann Wagner neue Entwicklungen sich abzeichneten, so fasste Goethe, nach Rudolf Steiner, in sich selbst und in seinem Werk die drei Strömungen des Christentums, des Arabismus und der griechischen Renaissance zusammen:
Nach dem Tode Goethes, sagt Steiner, erscheint etwas Neues, das wir bei Goethe nicht finden. Dieses neue Element ist der zweite Nebenstrom neben dem Christentum. Es ist der buddhistische Strom, und Steiner bringt diesen mit dem Merkur in Verbindung. Er fordert uns auf, selber die Anregungen, die er in diesem ganzen Sonnen-Mond-Merkur-Bild gibt, auszuarbeiten:
Ebenso wie in der charakterisierten Zeit ein Zusammenfließen der Jahve-Religion mit dem Christentum geschah, so stehen wir heute an einem Zusammenfluß des Buddhismus mit dem Christentum. Prüfen Sie das, indem Sie alles nehmen, was Ihnen die Historiker Europas geben können! Prüfen Sie es aber nicht so, wie die Historiker Europas es gewohnt sind, sondern so, daß alle Faktoren dabei in Betracht gezogen werden; dann werden Sie sehen, daß sich alles bewahrheitet, was ich gesagt habe.
Auf dieser Basis können wir annehmen, daß genauso, wie während der 1200 Jahre zwischen 600 und 1800 nicht nur der Islam, sondern die ganze Kultur des Nahen Ostens in den christlichen Westen eingeflossen ist, so während weiterer 1200 Jahre, etwa von 1800 an, die ganze Kultur des übrigen Asiens, von Indien ostwärts, in den christliche Westen einfliessen wird. Dieser Prozeß wird sich bis zum Jahre 3000 fortsetzen, d.h. fast bis zum Ende der 5. nachatlantischen Kulturperiode (3573), und zwar in etwa zwei Phasen. Zwischen 1800 und 2400 haben wir eine Begegnung der beiden Kulturen, die oft voller Spannungen und Schwierigkeiten sein wird, wie es auch die Zeit von 600-1200 zwischen dem Christentum und dem Islam war. So hatten wir den Opium-Krieg und den sogenannten Boxer-Aufstand (1900) in China, den pazifischen Krieg gegen Japan, das oft blutige Ringen der Länder in Zentral- und Ostasien, vor allem Indien, um Unabhängigkeit vom westlichen Kolonialismus, den Korea-Krieg und die fortdauernde Teilung Koreas, die ‚paradoxe’ Ausfuhr des tibetanischen Buddhismus in den Westen durch die chinesischen Kommunisten und den unaufhaltsamen Aufschwung des kapitalistisch-kommunistischen China selbst mit all den Fragen, die dadurch aufgeworfen werden. Ferner gelangt eine Vielzahl kultureller Elemente in den Westen: Kampfsport, Yoga, Akupunktur und Ayurvedische Heilkunst, Feng Shui, chinesische und indische Astrologie, Tai Chi und Indischer Tanz, Hinduismus, Taoismus und die verschiedenen Strömungen des Buddhismus, ganz zu schweigen von der großen Anzahl chinesischer Exponenten westlicher klassischer Musik, und der ebenso große Anzahl chinesischer Christen, die ständig zunimmt. 25% von der koreanischer Bevölkerung sind Christen. Diese erste Phase kultureller Begegnung, die unvermeidliche Konflikte mit sich gebracht hat, wird etwa 2400 in eine zweite Phase übergehen. Dann werden bis etwa 3000 wiederum die Auswirkungen der ersten Phase verarbeitet werden. (8)
Was wird der Westen von diesem neuen Zusatz zum Christentum, diesem merkurialen Seitenstrom, lernen? Einiges davon habe ich bereits angedeutet; das Wichtigste wird jedoch nach Rudolf Steiner das Wissen um Reinkarnation und Karma sein, was deutlich seit etwa 1800 der Fall ist. So haben wir die Naturwissenschaft von der Mondenreligion des Islam und vom Arabismus, und die Geisteswissenschaft von Karma und Reinkarnation von der Merkur-Religion des Buddhismus und der Weisheit Indiens und des Fernen Ostens. Diese beiden halten sich deutlich das Gleichgewicht. Es ist gut verständlich, daß in dem Maße, wie das Wissen um Karma und Reinkarnation die Gesellschaft immer mehr durchdringt, dieses eine große Herausforderung sowohl für den Materialismus, der in der Zeit zwischen 1600 und 1900 die westliche Gesellschaft immer mehr beherrscht hat, als auch für den von Rudolf Steiner so genannten ‚Amerikanismus’ darstellt.
Die Periodizität von 600 Jahren, die hier wirksam ist und die Steiner erwähnt, ohne aber in diesem Vortrag näher darauf einzugehen, ist sehr wahrscheinlich der Naros- oder Neros-Zyklus.(9) Ich habe über diesen Zyklus in meinem Buch Kaspar Hauser – Woher stammte er geschrieben. Es ist ein Zyklus der Beziehung zwischen Sonne und Mond, der schon in der babylonischen Zeit bekannt war. Wenn an einem bestimmten Tag um die Mitttagszeit ein Neumond an einem bestimmten Ort des Firmaments stattfindet, wird er genau 600 Jahre später am selben Ort und zum selben Zeitpunkt stattfinden, und mit allen Planeten in gleichen Positionen (31 Perioden von 19 Jahren und eine von 11 Jahren, also insgesamt 32 Perioden). Bestimmte geschichtliche Epochen gelten als besonders wichtig für die Beobachtung des Naros-Zyklus; Epochen, in denen neue große geistige Impulse oder Lehren aufgetreten sind, wie Christus im Jahre 1, Mohammed um 600 n.Chr., St. Franziskus, St. Dominic und viele andere geistige Lehrer um 1200 n.Chr., und die nächste begann 1800. Wir wissen, daß das Wissen um diesen Naros-Zyklus und seine Bedeutung in westlichen esoterischen Kreisen, wie z.B. bei manchen Freimaureren, spätestens seit Angang des 19. Jahrhunderts vorhanden war. (10)
Einer der bedeutendsten Exponenten dieses Wissens in England war der Freimaurer und Richter Godfrey Higgins, der eine enge Beziehung zu Englands führendem Freimaurer, dem Duke of (Herzog von) Sussex unterhielt, der von 1813 bis 1843 Großmeister der United Grand Lodge war. Die Esoteriker des Westens waren bestens bekannt mit solchen Dingen wie dem Naros-Zyklus und den sich abwechselnden Zeitregentschaften der Erzengel bestens bekannt. Sie wußten, daß im Jahre 1879 das Zeitalter des Erzengels Michael beginnen würde, und sie machten entsprechende Pläne.
Amerikanische Aussenpolitik:
Auf diesem Hintergrund möchte ich mich nun direkt zum Titel meines Vortrags Die amerikanischen Pläne für die Außenpolitik des 21. Jahrhunderts – die nächsten Schritte im “Krieg der Kulturen”? wenden, und Sie bitten, diesen Hintergrund ständig im Auge zu behalten.
Jeder, der Adolf Hitlers Mein Kampf nach seinem ersten Erscheinen 1926 gelesen hat, wird keine Illusionen über Hitlers Absichten und außenpolitische Ziele gehabt haben. Hitler hat diese Ziele auf der Grundlage seiner Darstellung der deutschen sowie der Welt-Geschichte bis 1920 in Mein Kampf (Band II, Kapitel 14) dargelegt. Wir wissen all, wie Hitler sich dann anschickte, diese Ziele zu verwirklichen. Nun gibt es jedoch auch Texte, die in groben Zügen die Ziele und die Richtung der amerikanischen Außenpolitik für mindestens die nächsten 40 Jahre darlegen. Diese sind jedoch nicht in einer solch prominenten Weise wie Mein Kampf, ein Buch, das für eine breite Leserschaft bestimmt war, erschienen. Diese Texte hingegen waren nur für eine Elite-Leserschaft bestimmt. Sie waren allgemein im Buchhandel erhältlich, aber für die meisten würde ein Kauf nicht in Frage kommen, entweder weil sie zu teuer waren – ein Exemplar der Zeitschrift Foreign Affairs kostet in England heutzutage fast £9.00 – oder weil der gewöhnliche Bürger sie normalerweise einfach nicht kaufen würde. Man braucht sich nur die Reklame in The Economist anzusehen, um zu erfahren, wer diese Zeitschrift unterstützt – es sind fast ausschließlich die führenden globalen Unternehmen. Zwei der wegweisenden Texte, auf die ich mich beziehen werde, sind Ihnen bereits bekannt – sie sind beide ins Deutsche übersetzt worden, und zwar (11) Kampf der Kulturen von Samuel P. Huntington, das zum ersten mal 1993 in gekürtzten Form in der amerikanischen Zeitschrift Foreign Affairs veröffentlicht wurde, und das Buch Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft von Zbigniew Brzezinski, das 1997 erschienen ist.(12)
Ich werde nicht allzu viel über diese Texte sagen, da einige von Ihnen sie wahrscheinlich bereits gelesen haben werden. Ich möchte jedoch einige Bemerkungen zu diesen Texte machen, bevor ich zu den anderen wichtigen Texten komme, auf die ich mich beziehen möchte.
Erinnern wir uns daran, daß Zbigniew Brzezinski in den späten 1970ern Präsident Carters nationaler Sicherheitsberater war. In diesem Zusammenhang war das Jahr 1978 besonders ausschlaggebend. Das war vor 33 Jahren und 33 Jahre nach 1945. Ich habe jetzt keine Zeit, diesen Gesichtspunkt weiter auszuführen, aber Brzezinski hatte diese Stelle zu einem kritischen Zeitpunkt in der modernen Geschichte und hat dort eine entscheidende Rolle gespielt. – (13)
Die 12 Jahre des Dritten Reiches von 1933 bis 1945 können wir vom geisteswissenschaftlichen Gesichtspunkt auch als die Jahre des ersten Angriffs des Sonnendämons Sorath, wie Steiner ihn nennt, ansehen. Diese Periode von 12 Jahren klingt 33 Jahre später in den Jahren 1966 bis 1978 wieder, und so entspricht 1978 dem Jahre 1945. Dann folgte die dritte Wiederholung in der Periode von 12 Jahren zwischen 1999 und 2011 und so entspricht 2011 sowohl 1945 als auch 1978. 1945 war der eigentliche Anfang des Kalten Krieges und wurde die koreanische Halbinsel geteilt. (14)
Im Jahre 1978 endete das völkermordende Regime von Pol Pot, das 2 Millionen Kambodschaner gemordet hatte. Im selben Jahr begann auch die iranische Revolution, und wurde President Zulfikar Bhutto in Pakistan gestürzt und durch den hardline General Zia ul Haq ersetzt; Papst Johannes Paul I wurde ermordet und durch den ersten polnischen Papst, Johannes Paul II, ersetzt, interessanterweise gerade zu dem Zeitpunkt, als der polnisch-amerikanische Zbigniew Brzezinski die amerikanische Geostrategie dirigierte. (15)
Während seiner Amtszeit kam Brzezinski 1979 auf die Idee, der UdSSR ihr eigenes Vietnam zu liefern, und so begannen die USA die islamischen Mudschahideen zu finanzieren und mit Waffen zu versorgen, um die von der Sowjetunion unterstützte Regierung in Afghanistan zu bekämpfen. Das führte zur sowietischen Invasion und dem darauf folgenden 10-jährigen Krieg in Afghanistan. Das alles war Brzezinskis Idee, und in einem Interview mit der französische Zeitschrift Le Nouvel Observateur am 15-21. Januar 1998 hat er stolz das Lob dafür eingesteckt.
Wir müssen immer das Ausmaß des Unternehmens und die von Brzezinski in seinem 1997 erschienen Buch aufgezeigten Ziele, sowie die Bedeutung, die er Zentralasien zumaß, im Auge behalten. (16)Gegen den Einwand, daß Brzezinski nicht mehr der ist, der er einmal war, und daß sein Buch schon 14 Jahre alt ist, ist zu bedenken, daß seine beiden Söhne Ian und Mark 2007-2008 außenpolitische Berater beider Präsidentschaftskandidaten, Obama und McCain, waren, und daß Brzezinski selbst Obama beraten hat. Brzezinski ist weiterhin in der Öffentlichkeit tätig, in den Medien noch mehr als Henry Kissinger. Seine Tochter Mika Brzezinski ist Reporterin und Ansagerin MSNBC News.
Schauen wir uns nur ein paar Zitate aus Brzezinskis Buch Die einzige Weltmacht an. Ich persönlich finde, daß Das grosse Schachbrett ein besserer Titel gewesen wäre, da es ein deutlicheres Bild davon gibt, wie Brzezinski die Welt sieht:
Wie Amerika mit Eurasien umgeht, ist von kritischer Bedeutung. Die Macht, die Eurasien dominiert, würde zwei der fortgeschrittensten und wirtschaftlich produktivsten Regionen . . . beherrschen. Die Kontrolle über Eurasien würde fast automatisch die Unterwerfung Afrikas beinhalten und würde somit die westliche Halbkugel und Ozeanien (Australasien und den Pazifik) geographisch peripher zum zentralen Kontinent der Welt machen. Etwa 75% der Weltbevölkerung lebt in Zentralasien, und der meiste physische Reichtum [d.h. Bodenschätze] befindet sich ebenfalls dort, sowohl in seinen Unternehmen wie unter der Erde. Eurasien stellt 60% des Bruttosozialproduktes (BSP) und etwa drei Viertel der bekannten Energiequellen der Welt.“ S. 31) Brzezinski nennt Zentralasien den „Eurasischen Balkan“ und sagt, sie seien „als potentieller wirtschaftliche Preis unendlich wichtiger: eine enorme Konzentration von natürliche Gasvorkommen und Ölreserven befinden sich in dieser Region, neben wichtigen Mineralien, einschließlich Gold.“ (S.124)
Mit dieser Beschreibung folgt Brzezinski dem Denken von Halford Mackinder, den er in seinem Buch zitiert. (17)
Mackinder war ein englischer Geograph, der vor 100 Jahren gelebt hat, und der allgemein als der Begründer der Geopolitik angesehen wird. Er war ein leidenschaftlicher britischer Imperialist, und sah in einem gründlichen Verständnis geographischer Verhältnisse den Schlüssel zur Aufrechterhaltung britischer Weltherrschaft. Er hatte auch enge Beziehungen zur herrschenden Elite jenes Zeitalters. Wir erinnnern uns, daß verschiedene Mitglieder dieser Elite, wie Arthur Balfour und andere Mitglieder der mächtigen Cecil-Familie, das kommende Jahrhundert unter dem Gesichtspunkt einer gemeinsamen Weltherrschaft von England und Amerika sahen. (18)
Mackinder, wie auch Brzezinski und viele Mitglieder der amerikanischen Elite, sind der Ansicht, daß die Beherrschung Zentralasiens ausschlaggebend für die Beherrschung Eurasiens und somit der Welt ist. Sie sehen Osteuropa als Brückenkopf des Westens nach Asien, und aus der Notwendigkeit, dieses zu beherrschen, geht Mackinder und Brzezinski zufolge die Schlüsselposition des Balkan und des östlichen Mittelmeers in der Geopolitik hervor. In diesem Zusammenhang braucht man nur an die Eisenbahnlinie Berlin-Baghdad vor hundert Jahren zu denken, und heutzutage an die Ölleitungen von der Kaspischen Meeresregion nach Europa und den gewaltigen amerikanischen Militärstützpunkt, Camp Bondsteel, (19) das heute in Kosovo liegt und diese Öl- und Gasleitungen überwacht.
(20)„Eurasien“ ist für Brzezinski das ganze Gebiet östlich von Deutschland und Polen. Er bemerkt ausdrücklich (S.53) daß jede Nation, die in Zentralasien zur Vorherrschaft gelangt, die gegenwärtige amerikanische Herrschaft über die Ölvorkommen im persischen Golf bedroht. Der Schlüssel zur Beherrschung Eurasien [sind] die zentralasietischen Republiken. Und der Schlüssel zur Beherrschung Zentralasiens ist Uzbekistan. (21)
Es braucht uns daher nicht verwundern, daß Präsident George W. Bush in einer gemeinsamen Sitzung des Kongresses wenige Tage nach den Angriffen vom 11. September Uzbekistan ausdrücklich als das erste Land nannte, wo amerikanisches Militär eingesetzt werden würde. [Ich werde später noch auf Uzbekistan zurückkommen]
Der gegenwärtige zentralasiatische Krieg, in den sowohl Deutschland als auch England zunehmend verwickelt ist, wird nicht das letzte militärische Unternehmen der NATO in dieser Region bleiben. Das hat Brzezinski in einem Artikel mit dem Titel An Agenda for NATO – Toward a Global Security Web (Sept 2009 in Foreign Affairs deutlich gemacht). Foreign Affairs ist die interne Zeitschrift für das Council On Foreign Relations ( CFR ), der wichtigste Thinktank (Denkfabrik) für amerikanische Aussenpolitik, dessen Mitglieder sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Regierung die amerikanische Aussenpolitik nun seit etwa 70 Jahren dirigieren. Dieser Krieg stellt einen umwälzenden Präzedenzfall für den Einsatz von NATO-Truppen in Zentralasien dar! Das ist effekiv der Anfang einer Armee im Dienst der NWO (der Neuen Weltordnung), sozusagen einer Polizeitruppe für den Schwereinsatz, so wie die römische Armee, die überall in der Welt eingesetzt werden kann. In dem Foreign Affairs-Aufsatz aus dem Jahre 2009 zitiert er Angela Merkel zustimmend folgendermaßen: „Ich kann mir keine globale NATO vorstellen . . . Natürlich kann sie außerhalb ihres eigenen Gebietes Sicherheit gewährleisten, aber das bedeutet nicht, daß Mitglieder aus aller Welt möglich sind.“ Mit anderen Worten: ,China, Iran, Venezuela, das ist nichts für euch’. Brzezinski sagt wörtlich – und er spricht hier nicht allgemein, sondern spezifisch in Bezug auf die amerikanischen aussenpolitischen Ziele in Eurasien:
„Um es in Worte zu fassen, die auf ein brutaleres Zeitalter der Reiche des Altertums zurückgreifen, müssen drei zwingende Notwendigkeiten einer Geostrategie zur Untermauerung der Weltherrschaft im Auge behalten werden: die Vasallenstaaten müssen in Sicherheitsabhängigkeit gehalten und geheime Absprachen zwischen ihnen verhindert werden, die Vasallenstaaten müssen gefügig gehalten und geschützt werden, und eine Verbündung der Barbarenvölker untereinander muß verhindert werden.“ (S. 40)
Er schreibt: „Amerikas Rückzug von der Welt – oder das Auftreten eines erfolgreichen Rivalen – würde zu massiver internationaler Instabilität führen. Es würde globale Anarchie hervorrufen“. (Die einzige Weltmacht S. 30)
Die Geschichte, die der Bevölkerung Amerikas und des Westens über den Krieg erzählt wird, kennen wir nur zu genau - über das gemeinsame Interesse an der Bekämpfung des Terrorismus und der Gewährleistung einer stabilen und demokratischen Zukunft für Afghanistan.
Kommen wir nun zu Brzezinski selber zurück, der in Die einzige Weltmacht schreibt:
„. . . Das Auftreten eines eurasischen Rivalen, der in der Lage wäre, Eurasien zu beherrschen und somit die Position Amerikas zu bedrohen, ist unbedingt zu vermeiden. (S.xiv) In Zukunft hat Amerika zu entscheiden, wie es mit regionalen Koalitionen umgehen soll, die drohen, Amerika aus Eurasien zu verdrängen und somit Amerikas Status als Weltmacht bedrohen.“ (S. 55)
Selbstverständlich sind Russland und China hier die Hauptrivalen. Vielleicht sieht Brzezinski auf Grund seiner polnischen Abstammung Russland als die größere Gefahr an. (Er ist mit der Großnichte Edvard Beneschs, des Premierministers und späteren zweiten Präsidenten der Czechoslowakei (1935-48) verheiratet.) Wir dürfen nicht vergessen, daß die westlichen esoterischen Eliten auf lange Sicht der gleichen Meinung sind, weil sie wissen, daß die slawischen Völker dazu bestimmmt sind, die Evolution der kommenden 6. Epoche anzuführen. Das Ziel der westlichen Brüderschaften ist es, dies um jeden Preis zu verhindern, und die englischsprechenden Völker an der Macht zu halten um die Ausbreitung des Materialismus, der Antipathie und des eigennützigen Individualismus fortzusetzen, der sich innerhalb der englischsprechenden Kultur im Laufe der letzten 400 Jahre entwickelt hat. Aber ich nehme hiermit etwas vorweg. Kehren wir also zu Uzbekistan zurück. Hier hat Brzezinski Uzbekistan als den Schlüsselstaat identifiziert: (22)
„Uzbekistan, als Nation der vitalste und am dichtesten bevölkerte zentralasiatische Staat, stellt das größte Hindernis für eine erneute Dominanz Russlands in dieser Region dar. Seine Unabhängigkeit ist kritisch für das Überleben der anderen zentralasiatische Staaten, und es ist russischem Druck gegenüber am wenigsten gefährdet.“ (S. 121) Uzbekistan ist in der Tat der beste Kandidat für eine Führungsrolle in Zentralasien.“ (S. 130) ….„Kazakhstan ist das Schild und Uzbekistan die Seele im Prozeß des Erwachens der verschiedenen Nationalitäten.“ (S.130)
Was meint er nun hier mit Uzbekistan als Seele? Vielleicht hat es etwas mit folgendem Abschnitt zu tun, wo er schreibt:
„. . . Ein Wiederaufleben des Islam, dem schon von außen nicht nur durch den Iran sondern auch durch Saudi-Arabien Vorschub geleistet worden ist, wird sehr wahrscheinlich den mobilisierenden Impuls für die sich immer weiter ausbreitenden neuen Nationalismen bilden, die entschlossen sind, sich jeglicher Reintegration unter russischer (und somit ungläubiger) Kontrolle zu widersetzen.“ (S. 133)
Seit den frühen 1990ern sind zwei bedeutende islamistische Organisationen in Uzbekistan aktiv gewesen. Die Uzbekistanische Islamische Bewegung IMU) und die Hizb-ut-Tahrir (Befreiungspartei). Die IMU ist 2001 im Kampf in Afghanistan mehr oder weniger zerstört worden; ihre Überreste sollen gegenwärtig entlang der pakistanischen Grenze aktiv sein. Hizb-ut-Tahrir ist jedoch etwas ganz anderes. 2006 hat Major Daniel J. Ruder (US Armee) vor der School of Advanced Military Studies, United States Army Command (Generalstab) und Generalstabkollege in Fort Leavenworth, Kansas, eine Monographie präsentiert, in der er auf saudi-arabische Finanzierung und Unterstützung weist; er schreibt:
Die These der Monographie ist, daß die zentralasiatische Region auf lange Sicht in Gefahr ist, eine wichtige Front im globalen Krieg gegen den Terror zu werden, wenn die USA es versäumen, ihren Einfluss gegen die islamistischen Bedrohung von seiten Hizb-ut-Tahrirs (Islamic Party of Liberation / Islamische Befreiungspartei) einzusetzen. Die Frage, der die Monographie gewidmet ist, war: kann die Ideologie von Hizb-ut-Tahrir die Basis für eine destabilisierende kollektive Bewegung in Zentralasien bilden? Die Antwort ist ja. (http://www.dtic.mil/cgi-bin/GetTRDoc?AD=ADA450614)
(23) Ruder weist hier auf die Möglichkeit, daß Hizb-ut-Tahrir den Keim für eine pan-islamische Bewegung bilden könnte, die sich über ganz Zentralasien und sogar die restliche islamische Welt hin ausbreiten könnte. Hizb-ut-Tahrir, die 1953 gegründet wurde hat nichts mit der neuerlichen westlichen Schöpfung Al Caeda zu tun. (24)Sie ist eine globale Bewegung, die fast überall zu finden ist, wo es eine moslemische Gemeinschaft gibt. Sie will Gewalt vermeiden und versucht, durch „Gedanken“ zu überzeugen. Ihr Ziel ist die Errichtung der globalen Ummah oder Gemeinschaft, von einem einzigen Kaliphen beherrscht, wie sie theoretisch bis 1924 bestanden hatte, als Kemal Atatürk das Kaliphat beendete. (25)
Hizb-ut-Tahrir ist nicht so fundamentalistisch wie manche der salafi Fundamentalisten Saudi-Arabiens. Sie befürwortet z.B. gewisse Rechte für Frauen sowie Wahlen für das Kaliphat. Sie ist jedoch leidenschaftlich militant gegen den Westen und gegen Israel und befürwortet eine kompromißlose politische Linie gegen die kufr (nicht-Muslims), und vor allem glaubt es an einen einzigen, länderübergreifenden pan-islamischen Staat, der in der Lage ist, sich allen nicht-moslemischen Staaten zu widersetzen. Ich habe jetzt nicht die Zeit, sehr viel mehr darüber zu sagen, aber wenn Sie der Sache nachgehen, werden Sie mit bezug auf Zielsetzung und Methoden viele Gemeinsamkeiten zwischen ihr und der sozialistischen Internationale von vor hundert Jahren finden.
Das Aufkommen dieser Gruppe im besonderen erklärt das spezielle Interesse Brzezinskis an Uzbekistan, da Hizb-ut-Tahrir dort fest verankert ist und es, wie Ruder berichtet, auf das Uzbekische Regime als des ersten Dominosteins abgesehen hat, der in Zentralasien fallen soll, gerade weil es die härteste Nuß ist. In einer Abhandlung aus dem Jahre 2003 mit dem Titel Radical Islam In Central Asia: Responding To Hizb-Ut-Tahrir, berichtet die International Crisis Group, eine westliche globale Elite-Organisation, in der Brzezinski und George Soros Chefberater unter vielen anderen Elitegestalten sind, daß die politische Linie des Regimes in Uzbekistan
„. . . die Gesellschaft stark polarisiert [hat]. Auf der einen Seite steht das Regime, nicht in der Lage, den Lebensstandard der Bevölkerung anzuheben oder eine absterbende Wirtschaft anzukurbeln. Auf der anderen Seite steht ein politisches Vakuum ohne legale politische Parteien oder freie Meinungsäußerung. Hizb-ut-Tahrir paßt genau in dieses Vakuum hinein, nicht so sehr weil die uzbekischen Muslims radikal veranlagt sind, sondern in erster Linie weil das System keine politische Alternative gestattet.“
Das ist bemerkenswert, weil es uns an Rudolf Steiners Analyse erinnert, warum die Bolschevisten in Russland an die Macht gelangt waren. Am 25.10.1918 (GA 185) beschreibt Steiner, wie das, was im Oktober 1917 geschah, nicht die Folge von Druck sondern von Sog war, von der Schaffung eines Vakuums. Durch den Mangel an Ideen innerhalb der Bourgeoisie war ein Vakuum geschaffen worden. In dieses Vakuum drängte die radikale Linke hinein. Etwas ähnliches könnte leicht in Uzbekistan passieren, wenn der hardline Präsident Islam Karimov die Bühne verläßt. Er ist seit 21 Jahren an der Macht.
Ich möchte mich jetzt dem Zukunftsbild zuwenden, das von der englischen Zeitschrift The Economist bereits 1992 gezeichnet worden ist. Wir werden entdecken wie, genau wie bei Brzezinski, auch hier Uzbekistan im Zentrum ihrer Zukunftsprognosen für die Region steht. Drei Jahre bevor Samuel P. Huntington 1993 seinen bahnbrechenden Artikel Der Kampf der Kulturen in der amerikanischen Elite-Zeitschrift Foreign Affairs veröffentlicht hatte, hatte The Economist seine Argumente in einem langen 16-seitigen Artikel, A New Flag – A Survey of Defence and the Democracies (Eine neue Flagge – Verteidigung und die demokratische Staaten – Ein Überblick), vorweggenommen. (26)
Das war aller Wahrscheinlichkeit nach eine Arbeit von Brian Beedham, von 1964 bis 1989 Auslandsredakteur und von 1989 bis 2002 Mitherausgeber der Zeitschrift; jedenfalls ist der Artikel in seinem Stil gehalten. Ich habe auf einer früheren Tagung hier in Pforzheim über diesen besonderen Artikel gesprochen und werde es also jetzt nicht wiederholen. Der Begriff Clash of Civilisations – Kampf der Kulturen ist eigentlich keine gute Übersetzung, da Kultur und Zivilisation eigentlicn nicht dasselbe sind – aber jedenfalls war der Begriff zum ersten mal von dem sogenannten ‚Arabienspezialist’ Bernard Lewis in dem Artikel „The Roots of Muslim Rage“ (Die Wurzeln moslemischer Empörung) in der Septemberausgabe der amerikanischen Monatszeitschrift The Atlantic Monthly verwendet worden. Im selben Monat war Defence and the Democracies in The Economist erschienen – im September 1990 während der Vorbereitungen für den ersten Golfkrieg.
Diese Männer – Beedham, Lewis, Huntington – waren alle miteinander bekannt; sie bewegten in denselben Kreisen. Eine Woche nachdem Defence and the Democracies erschienen war, erklärte Präsident George Bush der Ältere vor dem US-Kongress am 11. September (!), daß die Krise zur Neuen Weltordnung führen würde! Übrigens ist es phenomenologisch oder symptomatisch bemerkenswert daß am 13 September, nur zwei Tage nach dieser Verkündigung von der Neuen Weltordnung, der UNO-Sicherheitsratsbeschluß Nummer 666 kam! Ich möchte deutlich machen, daß meines Erachtens, der Economist-Artikel 1990 und Huntingtons Artikel 1993 in Foreign Affairs keine gewöhnlichen Zeitschriftenartikel sondern Grundsatzerklärungen der Eliten sind, die aus dem Hintergrund die Geschicke der Welt dirigieren, die Vertreter des Fürsten dieser Welt. Es waren gewaltige Signale über die zukünftige Richtung, die die Dinge nehmen oder in die sie vielmehr gelenkt werden würden, die durch die bedeutendsten Mediendiener dieser führenden Vertreter in die Öffentlichkeit lanciert worden waren. Ganz gewiß waren sie für alle bestimmt die – wie es in der Bibel heißt – ‚Ohren haben, zu hören’.
Erinnern wir uns noch einmal daran, was Huntington und sein Freund Beedham im Sinn hatten. Huntington schreibt im Kampf der Kulturen, daß es im Interesse des Westens sei,
„größere Zusammenarbeit und Einheit innerhalb seiner eigenen Zivilisation, besonders zwischen seinen europäischen und nordamerikanischen Komponeneten zu fördern; Gesellschaften in Osteuropa und Lateinamerika, deren Kulturen denen des Westens nahestehen, dem Westen einzugliedern; kooperative Beziehungen mit Russland zu unterhalten . . . die Ausbreitung der militärischen Macht konfuzianischer und islamischer Staaten einzuschränken; die Reduzierung der westlichen militärischen Kapazität zu mäßigen und militärische Überlegenheit in Ost- und Südwestasien aufrecht zu erhalten; Differenzen und Konflikte zwischen konfuzianischen und islamischen Staaten auszunutzen; in anderen Gesellschaften Gruppen zu unterstützen, die mit westlichen Werten und Interessen sympathisieren; internationale Institutionen zu stärken, die westliche Interessen und Werte wiederspiegeln, und die Teilnahme an solchen Institutionen durch nicht-westliche Staaten zu fördern.“ Der Westen, sagt er, „muß die zum Schutz seiner Interessen in bezug auf diese Kulturen notwendige wirtschaftliche und militärische Macht aufrechterhalten.“
Können wir nicht rückblickend sehen, wie diese Zielsetzungen verfolgt worden sind, seit diese Worte 1993 zum ersten mal veröffentlicht worden sind? Was stand dahinter? Die große geschichtliche Welle, die mit der industriellen Revolution begann, die die neue soziale Klasse des Proletariats und den Klassenkampf, die Dialektik zwischen Kapitalismus und Sozialismus hervorbrachte, war im Grunde eine wirtschaftlich basierte Entwicklung, die mit dem Zusammmenbruch des sowjetischen Experiments und dem Ende des Kalten Krieges zu Ende gegangen war. Wir müssen begreifen, daß diese große Welle sich im gabrielischen Zeitalter, d.h. ungefähr zwischen 1500 und den 1880ern, entwickelt hatte, als das Augenmerk der westlichen Zivilisation auf die Erforschung und das Verständnis der physischen Welt gerichtet war. Nun geht das Momentum einer Erzengelregentschaft nicht plötzlich zu Ende; es setzt sich fort bis die Welle einen Kamm erreicht, bricht und dann ausläuft, und das alles kann stattfinden während die nächste Welle, der Impuls der nächsten Erzengel-Epoche, bereits heranzieht. So erreichte das Momentum des gabrielischen Zeitalters in mancher Beziehung seinen Höhepunkt erst in den Weltkriegen der ersten Hälfte des 20 Jahrhunderts und in den antikolonialistischen Kämpfen der Nachkriegszeit um die Mitte des 20. Jahrhunderts, und begann erst dann langsam zu verklingen.
1979 begann das zweite michaelische Jahrhundert. Die Diener des Fürsten dieser Welt wissen das; sie besitzen esoterische Kenntnisse und richten ihre Strategie danach. Sie arbeiten mit der Faser der Zeit. Daher begann kurz nach Beginn des zweiten michaelischen Zeitalters das Thema der „Globalisierung“ aus den Establishment-Medien zu ertönen. In den 1980ern wurden die internationalen Finanzsysteme dereguliert und liberalisiert, um günstigere Bedingungen für transnationale Unternehmen zu schaffen, und 1990 wurde die alte Nationalist Margaret Thatcher in einem schäbigen Coup aus dem Amt gedrängt weil sie instinktiv gegen die kommenden Wiedervereinigung Deutschlands und gegen die Errichtung der europäischen Union zu kämpfen suchte. Ebenfalls 1990, wie gesagt, hat Präsident Bush die Neue Weltordnung auf der Grundlage der UNO proklamiert. In diesem Augenblick traten die Ideologen der Neuen Weltordnung mit ihrem neuen ,Fahrplan’ hervor; Bill Gates lieferte bald darauf den ‚Information Superhighway’ mit etwas legislativer Unterstützung von Al Gore und dann in ’93 kam das World Wide Web: W-W-W.
Was war nun die Fahrtrichtung, die auf diesem Fahrplan angezeigt war? Von nun an würden Weltereignisse nicht mehr durch politische und wirtschaftliche Ideologien entschieden werden, sondern durch Religion, Information, Wissen, Kultur und kulturelle Identität: mit anderen Worten - abgesehen von der letzteren - alles Kennzeichen des Michaelszeitalters. (27)
Nun wurde gesagt, daß die Welt nach Religion und Kultur aufgeteilt werden sollte, von Huntington ‚zivilisationelle’ Werte genannt. Nicht die Werte von Nationen und Nationalstaaten, wie im gabrielischen Zeitalter, wo Bindung an ein bestimmtes Gebiet oder eine Sprache ausschlaggebend war, sondern die vermeintlichen Werte von Zivilisationen, vor allem durch Religion bestimmt. Es war viel die Rede von eingebildeten regionalen Einheiten wie ‚der Westen’, oder ‚die judeo-christliche Welt’, ‚die orthodoxe Welt’, ‚der ferne Osten’, oder ‚die confuzianische Welt’, Lateinamerika, ,der indische Subkontinent’, ‚Afrika’ und vor allem die immer öfter erwähnte ‘internationale Gemeinschaft’ (the international community) d.h. eigentlich die anglo-amerikanische Gemeinschaft und ihre Anhänger. Der erste Golfkrieg leitete den ersten Teil dieser neuen Dialektik ein, der bald auf den Seiten von Foreign Affairs ‚Der Westen gegen den Rest’ genannt wurde („The West versus the Rest“). Wie auf einen Wink hin wurde es Saddam Hussein ‚erlaubt’, Kuwait zu besetzen, und damit hatten wir den ersten modernen Krieg ‚des Westens’ gegen einen moslemischen Staat. Es wurde behauptet, daß Saddam Hussein sich dem Willen der vom Westen, d.h. von Bush und Thatcher, angeführten ‚internationalen Gemeinschaft’ widersetzt hatte. Es wird gesagt, daß die Kreuzritter wieder auf dem Marsch sind. Bilder von vor 800 Jahren wurden wieder heraufbeschworen. Dies war der erste ‚Krieg der Kulturen’. (28)
Natürlich standen wirtschaftliche Motive dahinter, aber die Darstellungsweise und der Stil sollten einen anderen Eindruck erwecken. Bald folgten weitere ‚Kulturkriege’ im Balkan, unerledigte Geschäfte von vor fast einem Jahrhundert, wo auch hinter kulturellen und religiösen statt politisch-ideologischen Deckmänteln wirtschaftliche Faktoren eine wichtige Rolle spielten; und dann kam der erste Angriff auf das World Trade Centre in New York, ebenfalls 1993, bei dem moslemische Gruppen aber auch das FBI beteiligt waren. Von da an wurde der Islam und der Islamismus in der westlichen Medien immer mehr als der neue Feind identifiziert, der die Roten ersetzte. Grün ist die Farbe des Islam sowie der Grünen Bewegung. Rot und grün sind Komplementärfarben.
Es war die Zeit zwischen Ende 1992 und Neujahr 1993; Bush machte Clinton Platz, der europäische Binnenmarkt begann, und es waren 70 Jahre nach der Zerstörung des Ersten Goetheanum, als der Economist einen Text lieferte, der nicht so sehr eine ideologische Erklärung als vielmehr einen Aktionsplan darstellte, verkleidet als ein Stück humoristische Geschichte aus der Perspektive der Zukunft gesehen, dem Anschein nach aus dem Jahre 2992 auf 1992 zurückblickend, aber tatsächlich handelt es nur von der Zeit zwischen den 1990ern bis ungefähr 2050. Trotzdem müssen wir beachten, daß 2992 uns fast bis zum Jahr 3000 bringt, also nicht weit vom Ende der 5. nachatlantischen Epoche. Erinnern wir uns, daß Rudolf Steiner gesagt hat:
„alle kulturelle Entwicklung der Zukunft . . . ist eine Frage der Vereinigung von Mitteleuropa und Osteuropa.“ (17.3.1916 GA 174b)
Damit wollte er sagen, daß der mitteleuropäische kulturelle und geistige Impuls der 5. nachatlantischen Epoche, dessen Kern die Geisteswissenschaft und die soziale Dreigliederung bilden, an die östlichen Slawen weitergereicht werden soll, die die Vorhut der 6. Epoche bilden werden. Die ahrimanischen Gegenmächte, die in der 5en Epoche hauptsächlich, jedoch nicht ausschließlich, durch gewisse Elemente in den englischsprechenden Völkern wirken, sind bestrebt, diese Verbindung zwischen Mitteleuropa und den slawischen Ländern zu verhindern und Russland auf eine andere Entwicklungsbahn zu lenken. Sie wollen, daß Russland den Weg einschlägt, der 1893 durch den Okkultisten C. G.Harrison, genau 100 Jahre vor dem Erscheinen des Economist-Artikels und Huntingtons Artikel, gewiesen worden ist, und zwar, daß Russland durch die englischsprechende Welt – und hier muß man heute die Worte ‚durch ihre Anhänger’ hinzufügen – gleichermaßen ‚gesäugt’ und ‚erzogen’ werden soll. Diese Entwicklung hatte tatsächlich gerade begonnen. Boris Yeltsin war derzeit russischer Präsident, und unter ihm gelangte ein Großteil des russischen Vermögens in die Hände einer kleinen Gruppe wohlhabender Personen. Unter ihm strömten viele sogenannten ‚Berater und Experten’ aus dem Westen nach Russland hinein, die die Russen zu tüchtigen Kapitalisten und Demokraten erziehen wollten.
(29) Vom Jahre 2992 aus zurückblickend, gab der Economist-Autor – fast mit Sicherheit Brian Beedham, obwohl ich das nicht mit 100-prozentiger Sicherheit behaupten kann – seinem Artikel den Untertitel „Eine Weltgeschichte Kapitel 13: das unheilvolle 21. Jahrhundert“. Dieses 13. Kapitel – ein semiotischer Bezug sowohl auf die „unheilbringende 13“ als auch auf die 1330er, das 14. Jahrhundert – beschreibt, wie durch eine Reihe von Fehlern von seiten Amerikas, Europas und Japans am Ende des 20. Jahrhunderts, d.h. des „Westens“ und seiner Hauptverbündeten eine Reihe von schrecklichen Kriegen ausgebrochen waren, die das 21. Jahrhundert verheerten. (30)
Diese Kriege begannen mit einem Militäraufstand durch einen Generaloberst Al-Gosaibi in Saudi-Arabien im Jahre 2011. Tatsächlich waren die Al-Gosaibi eine Kaufmannsfamilie, im 20. Jahrhundert die reichste in ganz Arabien und Arabiens erste Millionäre. Dieser Coup im reichsten Staat der islamischen Welt führte schließlich zur Vereinigung aller islamischen Staaten unter Leitung einer pan-islamische Bewegung, die in Uzbekistan ausbrach, und zur Wiedereinrichtung des Kaliphats. Sie werden sich erinnern, daß dies das Ziel von Hizb-ut-Tahrir ist, und daß Uzbekistan die zentralasiatische Republik war, für die Brzezinski ein besonderes Interesse gezeigt hatte.
Um die Geschichte fortzusetzen: (31)es wurde dann ein Bündnis zwischen diesem pan-islamischen Kaliphat und China geschlossen. Anstatt, wie erwartet, sich gegen den Westen und seine Hauptsatellitenstaaten im Nahen Osten, Israel und Ägypten, zu richten, wendet sich die neue Supermacht gegen Russland, das Land, das global gesehen die Brücke zwischen dem Westen und dem Osten bildet. „… hier (in Russland) fand das Neue Kaliphat die Grundlage für das Bündnis mit China, das die nächsten beiden Jahrhunderte prägen sollte.“ Die Rothschilds haben seit langem ein starkes wirtschaftliches Interesse am Economist, und so ist es unwahrscheinlich, daß der Verfasser des Artikels die Zerstörung Israels durch diese Allianz vorhergesagt haben würde. Daher wird Israel, ein Land, das seit Jahrzehnten den Kernpunkt internationaler Spannungen bildet, überhaupt nicht erwähnt. Tatsächlich sind in dieser Geschichte die Türkei und Russland das Angriffsziel – beides Länder, die sozusagen eine „mittlere Position“ zwischen Ost und West einnehmenm.
So können wir hier die bekannte ahrimanische Taktik beobachten: in jeder Dreiheit die Mitte zu entfernen, um eine Dualität zu schaffen; drei werden auf zwei reduziert. Dem Artikel zufolge, war das Hauptangriffsziel „der verwesende Leichnahm Russlands“. (32)
Erinnern wir uns, daß Rudolf Steiner 1916 auf eine Landkarte aus dem Jahre 1890 verwiesen hatte, die in der englischen Zeitschrift „Truth“ [Wahrheit] erschienen war, in dem Russland so abgebildet war, wie es nach einem künftigen europäischen Krieg aussehen würde. Dort war Russland als eine ‚Wüste’ dargestellt; einhundert Jahre später, wird es im Economist als eine ‚verwesende Leiche’ beschrieben. Dem Russlandhass scheinen von seiten der elitären Kreise des Westens kaum Grenzen gesetzt. In der Zeitschrift Foreign Affairs, schreibt Huntington daß
„Ein westlicher Demokrat könnte eine intellektuelle Debatte mit einem sowjetischen Marxisten führen. Es würde ihm jedoch so gut wie unmöglich sein, das gleiche mit einem russischen Traditionalisten zu tun. Falls . . . die Russen eine liberale Demokratie ablehnen und anfangen sollten, sich wie Russen und nicht wie Westmenschen zu benehmen, könnten die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen wieder distanziert und konfliktreich werden.“ (FA Bd. 3, 1993)
Es soll den Russen also ‘nicht gestattet werden’, sich wie Russen zu benehmen!
(34)Um nun auf das vom Economist dargestellte Szenario des 21. Jahrhunderts zurückzukommen, schlug der Westen gegen China und das Kaliphat zurück, konnte jedoch die Türkei nicht retten. Die östlichen alliierten Streitkräfte wurden irgendwo im Balkan aufgehalten, worauf ein labiler Waffenstillstand eintrat; die östlichen Kräfte waren auf der Hut vor Europas „starken Kernwaffen“. Aber bis zum Jahre 2050 hatte Russland all seine Gebiete östlich des Ural – das ganze asiatische Russland – an die Chinesen und den pan-islamischen Staat verloren. Diese Trunkierung Russlands, die Zerstörung Russlands als einer Brückenkultur zwischen Ost und West bleibt nach wie vor ein Hauptziel des Westens, wie wir gleich noch sehen werden. Was Huntington die ’konfuzianisch-islamische Verbindung’ und der Economist ‚die chinesisch-muslemische Allianz’ nennt, dauerte bis 2200 an, mit anderen Worten fast während des ganzen Michaelszeitalters. Dieses Szenario dauert ebenfalls bis fast zum Jahre 3000 an. Ich habe vorhin schon in Anlehnung an Steiners Angaben gesagt, daß es eine Periode der Begegnung von 600 Jahren, von 1800 bis 2400, zwischen dem Westen und dem nicht-islamischen östlichen Kulturgebiet, zwischen der Sonnen- und der Merkurströmung, und dann eine weitere Periode geben würde, in der die Resultate dieser Begegnung ausgearbeitet und weiterentwickelt werden würden. Das würde von 2400 bis 3000 stattfinden. Das bringt uns zum Ende dieses vom Economist behandelten Szenario – 2992.
Wie im 13. und 14. Jahrhundert, soll, dem Economist zufolge, auch diesmal, im 21. Jahrhundert, fast ganz Europa vor den agressiven östlichen Horden gerettet werden, und wieder einmal soll fast ganz Russland von ihnen unterworfen und zerstört werden. Und das alles soll mit einem Militärputsch in einem islamischen Land im Jahre 2011 beginnen! Das ist nun eingetreten, noch nicht in Saudi-Arabien sondern in Äegypten, de facto ein von der Bevölkerung unterstützter Militärputsch.
Es kommt aber noch schlimmer. Der letzte Abschnitt des Economist-Artikels weist auf eine Weltbevölkerung von 3 Billionen im 30sten Jahrhundert hin. 1992 war die Bevölkerung 6 Billionen, was eine Verringerung von über die Hälfte innerhalb von 1000 Jahren bedeutet. Das wäre vorstellbar, könnte man sagen. Wenn wir jedoch bedenken, daß im Detail behandelt der Economist-Artikel eigentlich keine tausend Jahre, und sich nur mit Ereignissen im 21. Jahrhundert befaßt, und höchstens bis zum 23. Jahrhundert (dem Ende des Michaelszeitalters), und überhaupt nicht mit dem 23. bis 30. Jahrhundert, müssen wir annehmen, daß die 3 Billionen vor dem Ende des Michaelszeitalter zu verschwinden haben, möglicherweise während des 21. Jahrhunderts – ein Holocaust (Massenvernichtung), im Vergleich zu welchem das 20. Jahrhundert geradezu verblaßt. Verschiedene Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens innerhalb der englischsprechenden Welt haben eine solche drastische Reduktion bis zum Ende dieses Jahrhunderts oder noch eher befürwortet. [Z.b.James Lovelock, Sir Crispin Tickell]
Im Dezember 1992, als ich noch nichts von Hizb-ut-Tahir, Uzbekistan oder Al-Qaeda wusste, habe ich diesen Artikel zum ersten mal gelesen. Ich fragte mich dann, wo pan-islamische Bewegung und Staat wohl herkommen würden. Nach dem späteren Auftreten von Osama bin Laden und der Verteufelung des Islam im Westen, was innerhalb der Jugend in der islamischen Welt zu einem solchen Anwachsen von Verbitterung gegen den Westen geführt hat, und nach den Ereignissen in Tunesien und Ägypten dieses Jahr 2011, bin ich weniger ratlos, wie solch eine Bewegung wohl entstehen könnte.
Ich finde, daß wir mit Bezug auf Ägypten im Auge behalten sollten, was in Russland in den beiden Revolutionen von 1917 geschehen ist. (35)
Die erste Revolution im Februar 1917 hat den Zaren beseitigt, und es entstand eine provisorische Regierung, die viele Freimaurer einschloß, eine Regierung, die bereit war, Anweisungen aus London und Paris zu folgen und den Krieg gegen Deutschland fortzusetzen. Erinnern wir uns ebenfalls an die westlichen Pläne für ein sozialistisches Experiment in Russland, das von C G Harrison schon 1893 enthüllt worden war. Als Amerika in den Krieg eintrat, kamen diese Pläne ihrer Verwirklichung näher, und die Bolschewisten kamen und blieben an der Macht, (36)da der Westen alles tat, um die Bemühungen derjenigen zu blockieren und zu vereiteln, die versuchten, sich den Bolschewisten zu widersetzen. Aber neben den militärischen Kämpfen des Bürgerkrieges gab es auch eine ideologische Dimension, wie Steiner am 25. Oktober 1918 andeutete, als er sagte, daß die Bolschewisten den ideologischen Kampf gewinnen konnten, weil diejenigen, die sich ihnen entgegengestellt hatten, die Menschewisten, einfach keine Ideen hatten. Dadurch entstand ein Vakuum, ein Sogzustand, in welchen sich die Bolschewisten mit ihren attraktiven Schlagworten „Friede! Land! Brot!“ und ihrem leicht verständlichen Dogma vom Klassenkampf ergossen.
Die Bolschewisten waren Internationalisten, die bestrebt waren, ihre Revolution in die ganze Welt zu exportieren. Im heutigen Ägypten haben wir eine ähnliche Situation wie im März 1917 nach dem Erfolg der ersten Revolution. Es ist eine Regierung an der Macht, die bereit ist, nach dem Willen des Westens zu handeln, aber für wie lange? Hat sie irgendwelche neue Ideen oder Lösungen? (37)
Hatten diese jungen Menschen, die so leidenschaftlich den Abtritt Hosni Mubaraks forderten, abgesehen von “Mubarak raus!“ und einer unbestimmten Sehnsucht nach Freiheit, irgendwelche Ideen? Wird diese Situation ebenfalls ein Vakuum schaffen, eine Situation, die extremere Elemente, vielleicht sogar von ausserhalb des Landes, ansaugen wird, oder wird die muslimische Brüderschaft selber von innen das Ruder übernehmen? Könnte Ägypten eventuell der Katalysator für die pan-islamische Bewegung werden, eine Rolle, die der Economist und Brzezinski Uzbekistan zugedacht hatten, oder wird diese arabische Revolution woanders einen Katalysator aufwerfen? Ist es vielleicht egal, wo, solange er überhaupt erscheint?
In den Äusserungen Brzezinskis, Huntingtons und dem Economist haben wir das Sprachrohr für die wirklichen Herrscher des Westens und die Vertreter des Fürsten dieser Welt, Ahriman, dessen eigene Inkarnation sich nähert, und dessen Diener seine Welt für seine Ankunft vorzubereiten trachten. Den Äusserungen seiner Diener ist zu entnehmen, daß der Westen in der islamische Welt nicht unbedingt einen Klüngel von fügsamen pseudo-demokratischen Staaten wünscht, sondern einen einzigen zusammenhängenden Gegner, der als der dialektische Gegenspieler gebrandmarkt werden kann, wie es sowohl vor 80 als auch vor 800 Jahren der Fall gewesen ist. Im 13. Jahrhunderts bestanden zunächst zwei solche Gegner, und dann kam ein dritter hinzu: Drei Mächte waren in einen Kampf verwickelt: der christliche Westen, die islamische Welt und die Neuankömmlinge, die Mongolen, die fast ganz China und das nördliche Zentralasien überwältigt hatten. (38)
Außerhalb Russlands und Osteuropas fanden kaum Kämpfe zwischen Mongolen und Christen statt. Die westlichen Christen – interessanterweise Kronprinz Eduard von England in 1271 während des neunten Kreuzzuges – strebten sogar ein Bündnis mit den Mongolen gegen die Muslimen an. Zu jener Zeit waren es die Muslimen, die einen Zweifrontenkrieg, sowohl gegen die Christen als auch gegen die Mongolen, führten. Die Muslimen waren die Zwischenkultur, und sie litten schwer. Im vom Economist und Brzezinski entwickelten Szenario steht Russland in der Mitte; Russland wird als die Hauptgefahr und als das Opfer angesehen, das zwischen dem Hammer der chinesisch-moslemischen Allianz und dem Amboß des Westens, zu zermalmen ist. Der Westen würde keinen Finger rühren, Russland zu helfen.
Als nächstes möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf einige der neusten Ideen des neokonservativen Falken Robert Kaplan, (39)dem Autor von Warrior Politics: Why Leadership Demands a Pagan Ethos (2002) (Kriegerpolitik: Warum Führung eine heidnische Gesinnung Fordert). Er schreibt und hält Vorträge über Verteidigungs- und Sicherheitsfragen, und 2009 berief der US-Verteidigungsminister Robert Gates Kaplan in den Verteidigungsausschuß der US-Regierung. Henry Kissinger sowie 24 andere sind Mitglieder dieses Ausschusses. Im Mai 2009 führte Foreign Affairs einen Leitartikel von Kaplan mit dem Titel Centre Stage for the 21st Century. (40)
Dieser handelte von der geostrategischen Bedeutung des Indischen Ozeans, der zunehmenden Präsenz der chinesischen Marine in diesem Ozean und der daraus entstehenden Gefährdung amerikanischer Interessen. Kaplan verwies hier auf die Bedeutung des Indischen Ozeans als dem Vorhof Zentralasiens, welcher, im Sinne von Brzezinski und Mackinder, der wichtigste Schlüssel zur Beherrschung der Welt ist. Mit anderen Worten, die USA können ihre zentralasiatischen militärischen und wirtschaftlichen Ziele, wie sie von Brzezinski in Die einzige Weltmacht dargestellt worden sind, nicht ohne Dominanz des Indischen Ozeans gefahrlos verfolgen. Kaplan empfiehlt, die Hilfe der Bevölkerung freundlich gesinnter Länder der Region zu gewinnen. Unterdessen bemerken wir, wie das somalische Piratenwesen einen nützlichen Vorwand für die Anwesenheit von NATO-Marinen im westlichen indischen Ozean bietet und auf diese Weise den Einsatz von Nato-Kriegsschiffen außerhalb des ‚Nordatlantik’ rechtfertigend.
Ein wichtiger Ort, der im Zusammenhang mit diesen Entwicklungen im Indischen Ozean zu beachten ist, ist die pakistanische Provinz Baluchistan, die an den Indischen Ozean angrenzt, und der von den Chinesen konstruierte baluchische Hafen Gwadar. Die Amerikaner möchten diesen Hafen dazu benutzen, Erdgas aus Turkmenistan zu verschiffen, das über Afghanistan dort hin gelangt.
(41) 2006 kamen in der Zeitschrift der amerikanischen Streitkräfte [Armed Forces Journal] Pläne für eine radikale Verkleinerung Pakistans an den Tag, die u.a. durch die Schaffung eines unabhängigen Staates Baluchistan zu bewerkstelligen sein würde.
(42) Wir sehen hier eine Karte der ethnischen Minderheiten in dieser Region. Hier sind die Baluchis. Diese Pläne für einen unabhängigen Baluchistaat sind noch nicht erfolgt, aber (43) erst im letzten Jahr ist ein Vertrag über die TAPI-Pipeline von Turkmenistan nach Indien unterzeichnet worden, die Gas durch Afghanistan und Pakistan zur Küste leiten soll. Dieses Abkommen mit der amerikanischen Ölgesellschaft UNO CAL hatte die Taliban sich 1999 zu unterzeichnen geweigert, und bald darauf, 2001, folgte die Invasion Afghanistans.
(44) Im Mai 2010 führte Robert Kaplans Artikel The Geography of Chinese Power – How Far Will Beijing Reach on Land and at Sea? (Die Geographie chinesischer Macht – wie weit wird sich China zu Land und zur See ausbreiten?), ebenfalls ein Leitartikel in Foreign Affairs, seine Argumente vom Vorjahr weiter aus. Er empfahl eine neue Containment-Politik Chinas zur See, und machte auch Vorschläge, wie der Westen China zu Land eindämmen könnte. Da China nun freundschaftliche Beziehungen mit Russland unterhält und mit Russland in der Shanghai Cooperation Organisation, sogar militärisch, zusammenarbeitet, besteht kein Druck von seiten Russlands an Chinas Nordgrenze. Dadurch war China frei, sich auf seine Marine zu konzentrieren.
(45) Daher schlägt Kaplan vor, für China Schwierigkeiten an seinen sogenannten ‚reizbaren Grenzen’ zu nicht-russischen Staaten und Kulturen Schwierigkeiten zu provozieren, und obwohl er das nicht ausspricht, ist das nur durch verdeckte Maßnahmen zu erreichen, in Gebieten wie Xinjiang [Westchina], Tibet, Taiwan, Laos, Vietnam, Burma, die Mongolei, Nepal and natürlich Indien. In den kommenden Jahren und Jahrzehnten wird es eines der Hauptziele westlicher Strategie ausmachen, Indien immer tiefer in das westliche Einflussgebiet hineinzuziehen. Südkorea und Japan werden ermutigt, China und Russland gegenüber eine immer kühnere Haltung einzunehmen, und scheinen in den letzten Jahren auch entsprechend zu handeln. Es gibt viele Indizien dafür, daß die USA versuchen, China einzudämmen, so wie sie 1947 versucht hatten, die UdSSR einzudämmen. Aus ihrem gegenseitigen Diskurs ist zu schließen, daß die Mitglieder der amerikanischen außenpolitischen Elite ziemlich zuversichtlich sind, daß ihnen dies ebenso gelingen wird wie derzeit mit Russland.
Kaplans Aufsatz war in der selben Mai-Ausgabe 2010 von Foreign Affairs von drei weiteren begleitet, die ebenfalls von großem Interesse sind. (46)Erstens, NATO’s Final Frontier, [NATO: die letzte Grenze] von Charles Kupchan, der so etwas wie ein Gefolgsmann von Henry Kissinger ist. Wie die Brzezinskis, hat auch Kissingers Karriere der Rockefellerfamilie viel zu verdanken. (47)Dieser Artikel empfiehlt dem Westen, Russland den Beitritt der NATO zu gestatten. Die Argumente sind zurückhaltend, aber deutlich: Russland wird aufgefordert, ‚sich uns im kommenden Kampf gegen China anzuschliessen’. Kupchans Ziel scheint es zu sein, die Vorstellung zu verbreiten, daß die Russen sich als lediglich europäische Kultur betrachten sollten, und sie an den Westen zu binden. Wenn sie nicht friedlich dazu zu bewegen sein sollten, dann besteht noch eine andere Möglichkeit, wie sie im The Economist 1992 beschrieben worden ist, und auf den ich schon hingewiesen habe.
In einem anderen Artikel mit dem Titel The Brussels Wall [Die Brüßler Wand], in der selben Ausgabe von Foreign Affairs, vertritt William Drozdiak die Meinung, daß es an der Zeit ist, die EU mit der NATO zu vereinigen, so daß die NATO effektiv zur Streitkraft der EU wird, jederzeit in allen Erdteilen einsatzbereit. Zuletzt schreibt Richard Rosecrance in Bigger Is Better [Größer ist besser], ebenfalls in der selben Ausgabe von Foreign Affairs, daß Washington das Angebot Europas annehmen sollte, eine transatlantische Wirtschaftsgemeinschaft zu bilden, um die Reichweite und Dynamik der gegenwärtigen amerikanischen Wirtschaft zu erweitern’.
(48)(49)Um mit China konkurrieren zu können, ohne von chinesischen Investitionen abhängig zu sein und seine militärische Stärke aufrecht zu erhalten, benötigen die maroden USA die Unterstützung ihrer europäischen Satelliten. Dieses Angebot von ‚Europa’ stellt sich Rosecrance zufolge als ein Angebot von Angela Merkel 2006 heraus. Die USA, schreibt er, muss sich mit Europa, ‚der stärksten Macht der Welt’, zusammentun. (50)
Im Zentrum der europäischen Wirtschaft befindet sich natürlich Deutschland, und der Economist sieht Deutschland als das größte Zahnrad in einer Wirtschaftsmaschine. Krieg mit China wird nicht notwendig sein, schreibt Rosecrance unbekümmert, weil „Washington seine Marktkapazität, in Verbindung mit der der Europäischen Union, benutzen kann, um andere kapitalistisch orientierte Länder in sein Netz zu ziehen.“ Sein Netz! Sein vorletztes Kapitel trägt den Titel „Widerstand ist vergebens“ [Resistance is futile] – die Lieblingsphrase der ganz deutlich ahrimanischen, außerirdischen Rasse der Borg in dem amerikanischen Fernsehprogramm „Star Trek“. Es ist natürlich nicht so, als ob dieses transatlantische Verschmelzungsprojekt nicht längst begonnen hätte. Es läuft schon seit Jahrzehnten, stetig und inkrementell, abseits vom Rampenlicht der Medien. Wichtig ist hier der Kontext, und dieser Kontext ist China und die amerikanischen Pläne, das Problem durch die Einrichtung einer massiven transatlantischen Konföderation mit einer einheitlichen Wirtschaft und vereinten Streitkräften zu lösen.
Die verschiedentlichen Forderungen einer US-Europa-Fusion erinnern an Walter Lippman, den berühmten Journalisten und Propagandisten amerikanischer Werte und der Neuen Weltordnung des 20. Jahrhunderts. Seine Karriere verlief vom Ersten Weltkrieg bis in die frühen 1970er Jahre. In seinem Buch US Foreign Policy: Shield of the Republic (Amerikanische Außenpolitik: Schutzschild der Republik (1943) schrieb er:
„Eine Welt werden wir zu unseren Lebzeiten nicht erleben. Was wir jedoch vielleicht erleben werden . . . ist die Bildung einer großen westlichen Gemeinschaft, wenigstens eine Konföderation der Föderationen europäischer und amerikanischer Nationen, bereit, diejenigen Lügen zu strafen, die behaupten, daß unsere Zivilisation dem Untergang geweiht ist, und denjenigen den Glauben zu erneuern, die fürchten, daß die Freiheit untergehen wird wo sie geboren ist…“
Und welchem Zweck sollen all diese grandiosen Pläne für Föderationen, Fusionen und Geostrategie dienen? Um die von Beedham und Huntington in den 90er Jahren so genannte ‚Konfuzianische Welt’ und ‚Islamische Welt’ – die beiden Hauptzentren kulturellen Widerstands gegen westliche Vorherrschaft – in das von transnationalen Industrie-und Handelsgesellschaften dominierte gobale Netz einzugliedern, das Brzezinski und seine Verbündeten zu weben bestrebt sind. Brzezinski drückt es in den Schlußworten seines Buches Die einzige Weltmacht folgendermaßen aus: (51)
„. . . ein neues Netz globaler Verflechtungen wächst unaufhaltsam neben dem traditionelleren Nationalstaaten-System heran. Dieses Netz – gewoben von multinationalen Aktiengesellschaften, nichtstaatliche Organisationen (NROs), viele von ihnen staatenübergreifend, und wissenschaftliche Gemeinschaften, alle zusammen durch das Internet verstärkt – haben bereits ein lockeres globales System geschaffen, das von Natur aus für eine institutionalisiertere und inklusive globale Zusammenarbeit geeignet ist.. Im Laufe der kommenden Jahrzehnte könnte also eine funktionsfähige Struktur globaler Zusammenarbeit auf Grundlage geopolitischer Realitäten entstehen und allmählich den Mantel des gegenwärtigen „Weltregenten“ übernehmen, der vorläufig die Verantwortung für die Stabilität und den Frieden in der Welt trägt.Geostrategischer Erfolg in dieser Sache dürfte ein würdiges Erbe von Amerikas Rolle als der ersten, einzigen und letzten wirklich globalen Supermacht darstellen.“
So hochtrabend und arrogant das auch klingen mag, ist natürlich etwas Wahres dran, wie es bei so vielen ahrimanischen Äußerungen der Fall ist. Die fünfte Epoche ist das Zeitalter der Antipathie und des Egoismus, solange man nicht über die Entwicklung der niedrigsten Aspekte der Bewußtseinsseele hinauskommt. Es kann also durchaus sinnvoll erscheinen, daß im Zeitalter der Bewußtseinsseele ein einziger großer nationaler egoistischer Staat in der Welt, ein globales Weltreich, entstehen sollte. Denn obwohl Brzezinski die zukünftige Ablösung der amerikanischen nationalen Macht durch die globale Macht der Neuen Weltordnung im Auge hat, sagt er auf der letzten Seite seines Buches, daß er davon ausgeht, daß sich Amerika „zum geopolitischen Kern der Mitverantwortung für die friedliche Leitung der Welt entwickeln wird.“ In eine ehrliche Sprache übersetzt, heißt das, daß er davon ausgeht, daß Amerika auch weiterhin der kulturelle Wirt für die Personen, für die Bruderschaft, abgeben wird, die eigentlich die Welt regiert.
Die Brüder werden wissen, daß ihr Meister bald unter ihnen weilen wird. Sie werden ebenfalls wissen – weil sie Zugang zu okkultem Wissen, einschließlich der Anthroposophie, haben – daß der Rivale ihres Meisters,, Luzifer, in der chinesischen Zivilisation und Kultur inkarniert gewesen ist, und dort seinen tiefsten Abdruck hinterlassen hat. Während sie die ärmeren Entwicklungsländer gängeln, während sie gleichzeitig die Gedanken des sogenannten „christlichen“ Westens fest im Griff behalten und die slawischen Völker im Osten zu subvertieren trachten, um ihre zukünftige Mission zu blockieren und zu pervertieren, sind die Brüder, die wir allerdings nie mit der amerikanischen Bevölkerung im allgemeinen verwechseln dürfen, im 21. Jahrhundert der Menschheit in einen großen Wettstreit mit den luziferischen Kräften in der islamischen und der chinesischen Zivilisation verwickelt. Der Wettstreit zwischen diesen beiden Mächten bildet das Spannungsfeld, in dem wir alle in unserer Zeit bestrebt sind, unsere eigene Freiheit zu realisieren. Die ahrimanischen und luziferischen Mächte schaffen den Widerstand, ohne den wir nicht unsere Freiheit erlangen können.
Und was können wir selber nun in dieser Lage tun, meine Freunde? Wir könnten leicht meinen, daß es unsere Kräfte übersteigt – daß es sich sozusagen um ein „fernes Land“ handelt, „worüber wir nicht viel wissen“, wie es der britische Premierminister Neville Chamberlain zur Zeit der münchener Krise 1938 ausgedrückt hat. Rudolf Steiner war hier, wie zu erwarten, anderer Meinung. Im Dezember 1916 antwortete er den Menschen, die zusammen am Bau des Goetheanums arbeiteten und die ihn oft fast verzweifelt gefragt hatten: „Herr Doktor, was können wir angesichts des Krieges tun?“ (8.1.1917 GA 174) :
(52) Was können wir tun? Verständig im Sinne unserer anthroposophisch orientierten Geisteswissenschaft uns zu den Angelegenheiten der Gegenwart verhalten! Diese Dinge so klar wie möglich, so trocken wie möglich ins Auge zu fassen, darauf kommt es an. Und man bekommt eigentlich über diese Dinge nur dann genügend, ich möchte sagen, schattierte Begriffe, wenn man sie richtig im Zusammenhang mit den geistigen Welten betrachtet. Dadurch wird man auch hingewiesen auf die Symptome, und auf «Symptomatische Geschichte»…. kommt es an. Natürlich müssen Sie nicht bei allem gleich schwarze Magie vermuten. Aber die Dinge, die einmal da sind, werden in den Dienst grauer oder schwarzer Magie gestellt. Sie müssen auch nicht alle Dinge mit einem moralischen Urteil belegen, sondern sie nur im richtigen Lichte sehen. (8.1.1917 GA 174) [.....] (53) Und die Möglichkeit, sagt Steiner, einige Tage später in Januar 1917, über diese Dinge hinauszukommen, liegt doch nur im klaren, richtigen Verstehen desjenigen, was ist; alles übrige taugt nicht. Daher wird es schon, wenn man es auch von gewisser Seite her nicht gern hören und sehen wird und seine Maßregeln dagegen ergreifen wird, immer Menschen geben müssen, welche auf die ganze, volle Intensität desjenigen, was geschieht, wirklich hinweisen, welche sich nicht abschrecken lassen, hinzuweisen auf die ganze, volle Intensität desjenigen, was geschieht.(22.1.1917 GA 174)
Wir leben im Zeitalter der Bewußtseinsseele. Daher muß es unser oberstes Anliegen sein, uns bewusst zu werden, was in unserer Welt vor sich geht. Sobald wir uns dessen bewusst geworden sind und wir das Gefühl haben, daß wir es begriffen haben, können wir es aufwärts der geistigen Welt und horizontal unseren Mitmenschen mitteilen. Auf diese Weise wächst und verbreitet sich das Bewußtsein, und es wird so allmählich alle retardierenden Kräfte gewaltlos überwinden. (54)
Hiermit möchte ich für heute schliessen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Geduld.
©Terry Boardman
This page was created 6.5.2011
Last updated 21.6.2012